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DocMorris Ratgeber Diabetes

Insulintherapie

Die Entdeckung des Insulins zählt zu den größten Meilensteinen der Medizingeschichte. Davor gab es keine Therapie zur Behandlung des Diabetes. Die Diagnose Diabetes Typ 1 kam zu dieser Zeit einem Todesurteil gleich. Heute stehen viele verschiedene Arten von Insulin zur Behandlung der Stoffwechselerkrankung zur Verfügung. Menschen mit Typ-1-Diabetes können ein nahezu genauso unbeschwertes Leben wie Stoffwechselgesunde führen. In diesem Artikel beschäftigen wir uns ausführlich mit dem Lebensretter Insulin.

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Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken und sollten nicht als Ersatz für medizinischen Rat oder das Lesen des Beipackzettels verwendet werden. Personen mit Diabetes sollten sich an ihren Arzt oder medizinisches Fachpersonal wenden, um eine individuelle Beratung und Empfehlungen zur Therapie zu erhalten.

Die Entdeckung des Insulins: Geschichte und Gegenwart

Es ist schon über hundert Jahre her, dass zwei junge Wissenschaftler, der Kanadier Frederick Banting und der Schotte Charles Best, erstmals Insulin aus der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) eines Hundes extrahierten. Damals sprach man von der „Wunderdroge des 20. Jahrhunderts“. Es war allerdings bereits zuvor bekannt, dass es im Pankreas einen Stoff gab, der in der Lage ist, Blutzucker zu senken. Der Franzose Eugene Clay hatte Ende des 19. Jahrhunderts einem Hund Zellgewebe der Langerhansschen Zellen aus der Bauchspeicheldrüse gespritzt und festgestellt, dass daraufhin der Blutzuckerspiegel sank. Auch der Rumäne Nicolae Paulescu und der Deutsche Georg Ludwig Zültzer hatten bereits vor Banting und Best Pankreasextrakte hergestellt. Allerdings konnten damit noch keine Behandlungen am Menschen stattfinden. Banting und Best kamen bei ihren Forschungen weiter voran. In relativ kurzer Zeit gelang es ihnen, das extrahierte Insulin aufzuarbeiten und so zu reinigen, dass es zu ersten Versuchen am Menschen eingesetzt werden konnte. Im Januar 1922 wurde ein dreizehnjähriger Junge in Kanada mit Insulin erfolgreich behandelt. Die beiden Entdecker beanspruchten keine Vermarktungsrechte und gaben ihr Patent frei. „Insulin gehört nicht mir, es gehört der Welt“, meinte Banting damals. Daraufhin konnten viele Firmen auf der ganzen Welt damit beginnen, Insulin zu produzieren. Auch deutsche Unternehmen wie die Firma Bayer in Elberfeld oder die Farbwerke Höchst waren schon 1923 mit von der Partie. [1], [11]

Diese ersten Insuline in den 1920er-Jahren waren einfache Extrakte aus Bauchspeicheldrüsen von Rindern mit einer Wirkdauer von maximal sechs Stunden. Dies war nicht ausreichend, also musste weiter geforscht werden. Im Jahr 1936 konnte der dänische Pharmakologe Hans Christian Hagedorn zusammen mit dem Apotheker Birger N. Jensen Insulin an ein anderes Eiweiß (das Protamin) binden, wodurch die Wirkdauer auf acht bis vierzehn Stunden verlängert werden konnte. Die nach dem Entdecker benannte Technik des NPH (Neutrales-Protamin-Hagedorn)-Insulins wird bis heute in dieser Art verwendet. Der Bedarf an Insulin wuchs schnell, war aber schwer zu decken, solange nur tierische Insulinquellen zur Verfügung standen. Immerhin „verbrauchte“ damals ein Diabetiker wöchentlich etwa ein Schwein. Nach weiterer Erforschung gelang 1963 die erste chemische Synthese des Insulins. Allerdings war dies so aufwendig, dass es für eine industrielle Produktion nicht infrage kam. Auch auf dem Gebiet der Biotechnologie wurden große Fortschritte erzielt. Im Jahr 1982 konnte Ciba-Geigy in Basel Insulin mit gentechnisch veränderten Darmbakterien (Escherichia coli) im industriellen Maßstab herstellen. Im selben Jahr gelang es den Dänen Novo und Nordisk, Rinderinsulin chemisch in menschliches Insulin, also Humaninsulin, umwandeln. 1988 konnten auch sie ihr erstes rekombinantes Insulin auf den Markt bringen. Deutschland war den gentechnisch hergestellten Insulinen gegenüber zunächst skeptisch. Eine Zulassung erfolgte erst 1998. Seit 2005 wird hierzulande kein tierisches Insulin mehr hergestellt, das gentechnisch hergestellte hat sich vollständig durchgesetzt.

Bis heute wurde fünf Wissenschaftlern für ihre Forschungsarbeit in Zusammenhang mit Insulin der Nobelpreis verliehen. Und es wird weiterhin geforscht: Inzwischen gibt es Insuline, die besonders schnell wirken, wodurch praktisch kein Spritz-Ess-Abstand mehr eingehalten werden muss. Ebenso sind besonders langwirkende Varianten mit Halbwertszeiten von bis zu 25 Stunden verfügbar. [1]

Definition

Was ist Insulin eigentlich?

Insulin – was ist das? Chemisch gesehen ist Insulin ein Eiweiß, also ein Peptid. Weil es sich aus vielen Aminosäuren zusammensetzt, nennt man es auch Polypeptid. Es besteht aus zwei Aminosäureketten, einer A-Kette und einer B-Kette. Die A-Kette besteht aus 21, die B-Kette aus 30 Aminosäuren. Die beiden Ketten sind über Disulfidbrücken verbunden. Auf der schematisierten Abbildung des Makromoleküls ist die Aminosäurenabfolge des menschlichen Insulins zu sehen. Die drei Buchstaben stehen jeweils für eine bestimmte Aminosäure; „Cys“ zum Beispiel für Cystein, „Tyr“ zum Beispiel für Threonin. Tierische Insuline unterscheiden sich in der Abfolge, allerdings nur geringfügig. Schweineinsulin zum Beispiel ist dem menschlichen sehr ähnlich. Lediglich an einer einzigen Stelle in der B-Kette, bei B30, enthält es die Aminosäure Alanin statt Threonin.

Pharmakologisch betrachtet ist Insulin ein lebenswichtiges Hormon, also ein Botenstoff. Da es aus Eiweiß besteht, nennt man es auch „Peptidhormon“. Insulin ist an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt. Es senkt den Blutzuckerspiegel, indem es Körperzellen anregt, Zucker aufzunehmen, der aus der Nahrung in das Blut gelangt ist.

Wo kommt Insulin her?

Insulin wird in den Betazellen der Langerhansschen Inseln in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) gebildet. Daher stammt auch der Name „Insulin“. Er ist von dem lateinischen „insula“ für „Insel“ abgeleitet. Diese Langerhansschen Inseln, die auch manchmal als „Inselorgan“ bezeichnet werden, machen nur einen geringen Teil der Bausspeicheldrüse aus. Sie wurden 1869 von dem Mediziner Paul Langerhans entdeckt und nach ihm benannt. In der Bauchspeicheldrüse wird zunächst ein Präproinsulin gebildet, das aus 110 Aminosäuren besteht. Dieses faltet sich und ein Teil der Aminosäuren wird abgetrennt. So entsteht ein Proinsulin, das in den Betazellen gespeichert wird. Wird nun Insulin benötigt, spaltet sich eine weitere Aminosäurekette ab (das sogenannte C-Peptid) und das Bauchspeicheldrüsenhormon entsteht. Das C-Peptid gelangt bei der Ausschüttung von Insulin immer mit ins Blut und kann im Rahmen einer Blutuntersuchung bestimmt werden. Es dient als Messwert für die Funktionsfähigkeit der Bauchspeicheldrüse. In der Bauchspeicheldrüse sind neben den Betazellen auch Alpha-Zellen vorhanden. Auch diese bilden ein wichtiges Hormon, das Glukagon. Es hat die entgegengesetzte Wirkung zum Insulin. Während dieses den Blutzuckerspiegel senkt, sorgt Glukagon für eine Freisetzung der Zuckerreserven in der Leber und damit für einen Anstieg des Glucoselevels.

Wie wirkt Insulin?

Steigt der Blutzuckerspiegel bei Aufnahme von Kohlehydraten aus der Nahrung, wird Insulin aus den Betazellen freigesetzt. Zusätzlich dazu erfolgt eine Grundproduktion an Insulin, die ohne Aufnahme von Kohlehydraten ausgelöst wird. Interessant ist, dass die Abgabe des Hormons nicht fortwährend, sondern stoßweise im Abstand von wenigen Minuten erfolgt. Das Insulin dockt an speziellen Rezeptoren an den Zellen der Leber, der Muskeln oder des Fettgewebes an, wo es die Zellen für Zuckermoleküle öffnet. Diese können so vom Blut in die Zellen gelangen, wo sie zur Energiegewinnung gebraucht werden. Die Hirnzellen stellen eine Ausnahme dar: In diese kann Zucker auch unabhängig von Insulin eingeschleust werden.

Insulin erfüllt neben seiner Wirkung auf den Blutzuckerspiegel noch weitere Aufgaben im Körper. So hemmt es zum Beispiel den Abbau von Fettgewebe. Wird aus irgendeinem Grund zu wenig Insulin produziert, verbleibt der Zucker im Blut und die Zellen werden nicht richtig versorgt. Diese reagieren darauf, indem sie das Fettgewebe zur Energiegewinnung nutzen. Durch den Fettabbau entstehen als Stoffwechselprodukte sogenannte „Ketonkörper“, das Blut wird übersäuert, der Elektrolythaushalt verändert sich und es kann zu einer „Ketoazidose“ kommen. Diese gefährliche Übersäuerung des Organismus tritt vor allem bei Menschen mit Typ-1-Diabetes auf. Außerdem haben Forscher herausgefunden, dass Insulin das Appetitempfinden im Gehirn zu beeinflussen scheint. Spezielle Regionen im Hirn werden durch Insulin aktiviert und das Hungergefühl gedämpft. [4]

Wie wird Insulin hergestellt?

Früher konnte Insulin nur aus Tieren gewonnen werden, die in großen Mengen dafür geschlachtet werden mussten. Heute wird es fast ausschließlich gentechnisch hergestellt. Tierische Insuline spielen heutzutage in der Diabetestherapie praktisch keine Rolle mehr. Zum einen weisen sie aufgrund der leicht abweichenden Aminosäurensequenz ein erhöhtes Allergiepotential auf, zum anderen werden für einen einzigen Menschen mit Diabetes Typ-1 allein 50 Schweine pro Jahr benötigt. Seit in den 1980er-Jahren damit begonnen wurde, Insulin gentechnisch mithilfe von E.coli Bakterien oder Hefezellen herzustellen, ist es jetzt in praktisch unbegrenzter Menge verfügbar.

Die praktisch unbegrenzte Verfügbarkeit existiert allerdings nur theoretisch: Leider ist Insulin nämlich nicht überall auf der Welt so einfach erhältlich wie bei uns. In einem Bericht der WHO, der im Rahmen des Weltdiabetikertags veröffentlicht wurde, wird davon berichtet. So schreibt der WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus: „Die Wissenschaftler, die das Insulin vor 100 Jahren entdeckten, weigerten sich, von ihrer Entdeckung zu profitieren und verkauften das Patent für nur einen Dollar. Leider wurde diese Geste der Solidarität von einem milliardenschweren Geschäft überholt, das enorme Zugangslücken geschaffen hat.“ Er sagt auch: „Zu viele Menschen, die Insulin benötigen, haben finanzielle Schwierigkeiten, es zu bekommen, oder sie verzichten darauf und verlieren ihr Leben.“ [9], [10]. Etwa 70 Prozent des weltweit hergestellten Insulins werden von ca. 30 Prozent der Weltbevölkerung verbraucht. [13]

Gentechnische Herstellung aus E.coli

Gentechnisch veränderte Escherichia-coli-Stämme werden eingesetzt, um Insuline und natürlich auch andere Proteine zu produzieren. Verschiedene Hersteller verwenden unterschiedliche Methoden. So ist es möglich, die beiden Aminosäuren-Stränge in zwei separaten Bakterienkulturen zu produzieren und anschließend in einem chemischen Prozess die beiden Ketten über Disulfidbrücken zu verknüpfen. In einem anderen Verfahren wird das Hormon in einem Stamm produziert und anschließend in mehreren Schritten aufgearbeitet, bis das fertige Insulin vorliegt. Bei beiden Verfahren lagert sich der gesuchte Stoff im Innern der Bakterien an. [6]

Gentechnische Herstellung aus Hefen

Anders als bei der Herstellung mit E.coli wird bei der Herstellung auf Hefen eine Vorstufe des Proinsulins direkt in die Nährlösung abgegeben. Dort kann es abgeschöpft, gereinigt und weiterverarbeitet werden. Dieses Verfahren wird von der dänischen Firma Novo Norddisk angewendet, dem Weltmarktführer in der Insulinherstellung.[6]

Welche Arten von Insulin zur Therapie gibt es?

Inzwischen ist eine Vielzahl von Insulinen in Verwendung. Sie unterscheiden sich in ihren Wirkprofilen und der chemischen Struktur. So unterscheidet man zwischen kurzwirksamen- und langwirksamen Insulinen sowie zwischen Humaninsulinen und Insulinanaloga. Tierisches Insulin wird in Deutschland nicht mehr hergestellt, kann aber über Importe aus dem Ausland noch bezogen werden. [5] Vielleicht noch kleine Übersicht?

Humaninsuline

Als Humaninsulin bezeichnet man Insulin, das in seiner Zusammensetzung dem von der menschlichen Bauchspeicheldrüse produziertem Hormon entspricht. Die Wirkung von Humaninsulin tritt schnell ein, nämlich schon nach rund 20 bis 30 Minuten. Nach etwa eineinhalb bis drei Stunden erreicht sie ihr Maximum und endet nach zirka sechs Stunden. Allerdings können sich diese Zeiten von Mensch zu Mensch stark unterscheiden. Aufgrund des schnellen Wirkeintritts werden diese Insuline zu den Mahlzeiten gespritzt. So können sie den Blutzuckeranstieg nach dem Essen abfangen.

Verzögerungsinsulin

Werden Insulinen bei der Herstellung bestimmte Substanzen zugesetzt, lässt sich eine Verzögerung der Wirkung gegenüber Humaninsulin erreichen. Das kommt daher, dass das Hormon dann langsamer vom Unterhautfettgewebe, in das es gespritzt wird, in die Blutbahn gelangt. Das erste Verzögerungsinsulin, das bereits 1963 hergestellt wurde, war das NPH-Insulin. Dabei wurde das Eiweiß Protamin zugesetzt. Diese NPH-Insuline wirken erst nach etwa zwei bis vier Stunden und das Wirkungsmaximum ist nach rund vier bis acht Stunden erreicht. Eine weitere Möglichkeit, eine Verzögerung der Wirkung zu erzielen, ist der Zusatz von Zink. Diese Insuline sind trüb, das Bauchspeicheldrüsenhormon ist in der Flüssigkeit nicht gelöst, sondern liegt in Form einer Suspension vor. Aus diesem Grund ist es notwendig, die Ampullen vor der Anwendung zu schwenken, damit sich das Insulin gleichmäßig in der Flüssigkeit verteilt. [8]

Analoginsuline

Analoginsuline oder Insulinanloga nennt man künstlich hergestellte Insuline, bei denen einzelne Teile so abgewandelt sind, dass sie eine längere oder kürzere Wirkung haben als Humaninsulin.

Schnell wirkende Analoginsuline

Durch den Austausch bestimmter Aminosäuren des Humaninsulins kann erreicht werden, dass sich das Insulin zügiger im Fettgewebe auflöst und dadurch ein schnellerer Wirkeintritt erreicht werden kann. Blutzuckerspitzen können so besser abgefangen werden und weil auch die Wirkdauer herabgesetzt ist, sind keine Zwischenmahlzeiten mehr erforderlich. Die Gefahr einer Unterzuckerung zwischen den Mahlzeiten ist geringer.

Langzeit-Analoginsuline

Ebenso wie der Austausch einzelner Aminosäuren den Wirkeintritt verkürzt, lässt er sich auch verlängern. Wird zusätzlich eine Fettsäurekette an das Insulin gehängt, wird es im Blut an Albumin gebunden und erst langsam wieder abgegeben. Dadurch verzögert sich die Wirkung noch stärker. Auf diese Weise erreicht man eine Wirkdauer von über 42 Stunden. [7][8]

Mischinsulin

Mischinsuline sind fixe Gemenge, wobei ein kurzwirksames mit einem Verzögerungsinsulin kombiniert ist. Ihre Verwendung erfolgt im Rahmen der konventionellen Insulintherapie.

Wie läuft eine Insulintherapie ab?

Welche Therapieformen gibt es?

Der Ablauf einer Insulintherapie hängt davon ab, welche Form der Therapie gewählt wird. Ziel jeder Behandlungform ist es, den Insulinbedarf zu jeder Tageszeit zu decken und dadurch Überzuckerung und auch Unterzuckerung zu vermeiden. Man muss Insulin spritzen, damit es wirken kann. Eine Einnahme als Tablette ist nicht möglich: Insulin würde im Magen einfach verdaut und in seine wirkungslosen Bestandteile zerlegt werden. Je nach Insulinbedarf und Diabetestyp stehen zur Behandlung viele verschiedene Therapieformen zu Verfügung. Ihr Arzt wird zusammen mit Ihnen die für Sie passende Therapieform auswählen. Meistens wird dabei schnell- und langsam wirkendes Insulin in irgendeiner Form kombiniert. Bei Verwendung einer Insulinpumpe ist nur kurzwirksames Insulin erforderlich, da eine kontinuierliche Abgabe erfolgt. Zur Behandlung eines Typ-2-Diabetes können auch andere blutzuckersenkende Mittel mit der Hormongabe kombiniert werden. Die gängigsten Therapieformen haben wir hier aufgeführt:

Konventionelle Insulintherapie (CT)

Bei der konventionellen Insulintherapie wird in der Regel zweimal täglich zu festgelegten Zeiten (meist vor dem Frühstück und dem Abendessen) ein Mischinsulin verabreicht. Diese Therapie eignet sich nur für Menschen mit streng geregeltem Tagesablauf. Die Insulinmenge wird dabei vom Arzt vorgegeben; der Patient muss sich an einen strikten Essensplan halten, um Über- und Unterzuckerungen zu vermeiden. Dabei sollten immer zu einer bestimmten Zeit eine festgelegte Menge an Kohlenhydraten zugeführt werden. Vermehrte körperliche Bewegung muss durch zusätzliche Mahlzeiten ausgeglichen werden, sonst kann es leicht zur Unterzuckerung kommen. Ein Vorteil der konventionellen Insulintherapie ist, dass sie vom Patienten wenig Eigenverantwortung verlangt.

Intensivierte Insulintherapie

Weitaus verbreiteter als die konventionelle Insulintherapie ist die sogenannte intensivierte Insulintherapie. Sie lässt Betroffenen wesentlich mehr Freiheit und erlaubt eine flexiblere Anpassung an die Lebensumstände. Es ist nicht notwendig, einen starren Ernährungsplan einzuhalten. Durch die Überwachung des Blutzuckerspiegels kann auf Veränderungen des Glucosestoffwechsels durch Sport, Arbeit, Ruhephasen etc. reagiert und die benötigte Insulinmenge leichter angepasst werden.Bei diesem Behandlungsschema muss man nicht eine fixe Mischung Insulin spritzen, sondern kurzwirksame und langwirksame Präparate werden separat verabreicht. Oft wird dabei ein- bis zweimal täglich ein langwirksames Insulin injiziert, wodurch der Grundbedarf gedeckt wird. Zusätzliche Injektionen von kurzwirksamen Varianten verhindern einen Blutzuckeranstieg nach dem Essen. Man unterscheidet zwei Formen der intensivierten Insulintherapie, abhängig von der Gabe des kurzwirksamen Insulins:

Die intensivierte konventionelle Therapie (ICT)

Hier müssen Betroffene vor den Mahlzeiten immer die gleiche Menge an kurzwirksamem Insulin spritzen. Die Kohlenhydratmenge der Mahlzeit sollte daher in etwa beibehalten werden.

Die funktionelle Insulintherapie (FIT)

Da die Insulinmengen des kurzwirksamen Insulins bei dieser Art von Therapie nicht genau festgelegt sind, werden die Kohlenhydratmengen der Mahlzeiten abgeschätzt, um das richtige Maß zu ermitteln. Dadurch sind häufige Blutzuckerkontrollen erforderlich. Vor allem für Menschen mit unregelmäßigem Tagesablauf bietet sich diese Therapieform an.

Insulinpumpentherapie

Die Insulinpumpentherapie ist ebenfalls eine Form der intensivierten Insulintherapie, die in erster Linie bei Menschen mit Typ-1-Diabetes angewendet wird. Eine Insulinpumpe ist ungefähr so groß wie ein Smartphone und wird diskret unter der Kleidung getragen. Von der Pumpe wird Insulin über einen dünnen Schlauch durch eine Kanüle direkt unter die Haut befördert. Mehrere tägliche Injektionen sind somit nicht mehr notwendig. Die unter der Haut liegende Kanüle wird in der Regel nur alle paar Tage gewechselt. Verwendung findet dabei nur kurzwirksames Insulin, immer so viel, wie gerade benötigt wird. Zur Grundversorgung wird Insulin meist in halb- oder ganzstündigen Dosen ins Unterhautfettgewebe abgegeben. Die Berechnung erfolgt genauso wie bei der intensivierten konventionellen Therapie, die präzisen Mengen werden im Vorfeld programmiert. Der erhöhte Bedarf nach den Mahlzeiten wird mit demselben Insulin gedeckt, das zum Essen über Knopfdruck abgegeben wird.

Sensorunterstütze Pumpentherapie

Eine Insulinpumpe kann zusammen mit einem CGMS (kontinuierliches Glukose-Messsystem) angewendet werden. [12] Werden beide Geräte gekoppelt und ein Algorithmus berechnet aus den empfangenen Blutzuckerwerten die notwendige Menge an Insulin und gibt dies an dies an die Pumpe weiter, stellt das meist eine große Erleichterung der Therapie dar. Zugelassen ist in Deutschland bisher das Hybrid Closed-Loop-System, bei dem noch manuelle Eingaben wie die in den Mahlzeiten enthaltene Kohlenhydratmenge getätigt werden müssen.

Hybrid Closed Loop System

Die kontinuierlich abzugebende Menge an Insulin, die den Grundbegriff deckt, wird durch einen Algorithmus aufgrund der von vom Sensor ermittelten Blutzuckerwerte kalkuliert. Für die Berechnung der Insulin-Boli nach den Mahlzeiten muss die Kohlenhydratmenge vom Nutzer eingegeben werden. Mit diesem System kann zum Beispiel auf sinkende Blutzuckerwerte in der Nacht reagiert werden, indem die Insulinzufuhr unterbrochen oder reduziert wird.

Closed-Loop-System

Diese Art von „künstlicher Bauchspeicheldrüse“ ist zurzeit in der Entwicklung und in Deutschland noch nicht zugelassen. Eine manuelle Eingabe ist dabei nicht mehr notwendig. Die Blutzuckerwerte werden von dem Messsystem direkt an die Pumpe übertragen, die Insulinmenge von einem lernfähigen Algorithmus berechnet und einstellt. Das gilt sowohl für den Basisbedarf als auch für die Bolus-Injektionen zu den Mahlzeiten.

Aussichten: Die Zukunft der Insulintherapie

Auf dem Gebiet der Therapiemöglichkeiten wird immer noch viel geforscht. Aktuell sind Wissenschaftler dabei, smarte, also intelligente Insuline zu entwickeln, die das ständige Spritzen und Blutzuckermessen unnötig machen. Man versucht, ein Depot an Insulin direkt im Körper anzulegen, woraus dieses bei steigendem Blutzuckerspiegel abgegeben wird. Wenn das gelingt, wäre das ein weiterer Meilenstein. Allerdings ist die Forschung noch in einer frühen Phase und es wird noch einige Jahre dauern, bis das erste Smart-Insulin auf den Markt kommt. [11]

Geschrieben von Birgit Hartel, veröffentlicht am 19.07.2024

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